Was auf den ersten Blick eher nach einem Beitrag zur Theorie der Kommunikation im Studiengang Publizistik klingt, ist auch für Mathematiker extrem wichtig. Natürlich ist eine korrekte Formulierung mathematischer Sachverhalte unerlässlich, aber das ist eher interne Kommunikation, so von Mathematiker zu Mathematiker und ist hier nicht gemeint. Bei Veröffentlichungen hat man Gutachter, die ebenfalls darauf achten, dass die mathematik-interne Kommunikation neuer Resultate gesichert ist.
Deutlich heikler ist da schon die Kommunikation mathematischer Sachverhalte oder von Ergebnissen statistischer Untersuchungen in interdisziplinären Projekten. So führt die mathematisch korrekte Minimalantwort „Aufgrund der Daten konnte die Nullhypothese abgelehnt werden“ oft eher zu Fragezeichen im Gesicht der Anwenderin als zum Strahlen über die doch gewünschte Erkenntnis. Und wenn sich die Anwenderin dann doch traut, den erhofften Satz „Wir können also davon ausgehen, dass die Anwendung des von uns untersuchten Pestizids zu höherer Schadstoffansammlung in Äpfeln führt“ selbst zu formulieren, ist auch der entgegnende Zusatz „Ja, aber nur mit einer Restfehlerwahrscheinlichkeit von 5%, und auch nur dann, wenn die Voraussetzungen des durchgeführten statistischen Tests erfüllt sind“ zwar erneut korrekt, aber zumindest das Vorliegen der Voraussetzungen hätte der erfahrene Statistiker selbst überprüfen müssen.
Der erfahrene Statistiker hätte allerdings auch schon den Satz „Aufgrund des mit den vorhandenen Testdaten durchgeführten 2-Stichproben-T-Tests konnte statistisch signifikant nachgewiesen werden, dass die Schadstoffkonzentration bei Äpfeln, deren Bäume mit dem untersuchten Pestizid behandelt wurden, im Mittel höher ist als die Konzentration in der Stichprobe bei Äpfeln von unbehandelten Bäumen.“ gesagt und dann ergänzt „Ich habe natürlich auch im Vorfeld die Anwendbarkeit des Verfahrens überprüft. Sie müssen sich also keine Sorgen machen.“
Im Übrigen hat die Welt da draußen eine ganz andere Vorstellung von Begriffen wie „mit überwältigender Wahrscheinlichkeit“ oder „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“. Umfragen unter Richtern haben ergeben, dass sie bei ersterem an „mehr als 50%“ und bei letzterem an „mehr als 75%“ denken. Das sollte uns in unserer an vollständiger Korrektheit orientierten Beweiswelt das Gefühl vermitteln, doch besser erst überhaupt nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, was natürlich ein wirklich nützliches Korollar hieraus ist.
Ebenfalls sehr schlimm ist es übrigens, wenn komplizierte mathematische Sachverhalte statt mit einem einfachen, wohlüberlegten Satz mit einem Gleichnis der Form „das ist quasi wie“ beschrieben werden und dann eine Aussage folgt, die bei jedem klar denkenden Nicht-Mathematiker sofort zu Widersprüchen führt, aber das wird demnächst in einem anderen Blogbeitrag behandelt.